Konsequenz versus Realität?

„Für jemanden, der sich damit nicht ausführlich auseinandergesetzt hat, ist die Forderung, er solle vegan leben, eine totale Überforderung und abschreckend.“ (Katharina Rimpler) Ja! Diesem Statement würde ich sofort zustimmen. Keine Frage. Das ist die Realität. Wenn ich mich umschaue in meiner (neuen) Umgebung, dann wissen viele noch nicht einmal, was das Wort „vegan“ genau bedeutet.

Und die Leute, die sich als solches bezeichnen, wirken hier erst einmal fremd: ein kleines bisschen verrückt und ein großes bisschen öko. Von diesen Menschen kann man nicht verlangen, von heute auf morgen vegan zu werden. Es wäre wahrscheinlich schon eine Herausforderung, sie von vegetarischen Gerichten zu überzeugen. Denn was der Bauer nicht kennt, das isst er bekanntlich nicht.

Ein Streitgespräch

Konfrontiert mit diesen Begebenheiten freute es mich umso mehr, dass die tageszeitung genau dieses Thema in einem Streitgespräch aufgriff. Die Vegetarierin Katharina Rimpler, die die Kampagne „Halbzeitvegetarier“ unterstützt, diskutiert mit dem Gründer der Veganen Gesellschaft Deutschland, Christian Vagedes, über die unterschiedlichen Strategien, den Vegetarismus bzw. Veganismus unter die Leute zu bringen.

Natürlich bin ich in gewisserweise voreingenommen. Ich bin wie Vagedes der Meinung, dass der Veganismus viele Probleme löst und möglichst viele Leute sich mit ihm auseinandersetzen bzw. ihn praktizieren sollten. Die Situation (siehe auch Tierschutz, Welternährung und Umwelt) ist teilweise so unglaublich schrecklich, dass ich aus der Haut fahren könnte und am liebsten alle Menschen kräftig durchschütteln möchte, damit sie endlich die Augen öffnen. Insofern kann ich nicht verstehen, dass Katharina Rimpler so ruhig bleibt:

„Ich weiß auch noch gar nicht, ob ich das wirklich will: gar keine Nutztiere mehr. Ich verstehe schon, dass man angesichts der Lage panisch werden kann. Aber ich halte es nicht für produktiv.“

Niedrige Einstiegsschwelle

Trotzdem muss ich zugeben, dass sie Recht hat, wenn sie sich für eine niedrige Einstiegsschwelle ausspricht. Ihr Ziel ist es, die Menschen zum Nachdenken zu bewegen, ihr Verhalten zu hinterfragen und ihren Fleischkonsum um die Hälfte zurückzuschrauben. Es wäre zwar konsequent, von allen Menschen ein veganes Leben zu fordern. Aber man wäre damit wahrscheinlich nur mäßig erfolgreich. Im Moment ist der Kontrast mit der Realität einfach zu groß.

Eine solche Entscheidung trifft man – wie ich schon häufiger gesagt habe – nicht zwischen Tür und Angel. Denn es geht um Gewohnheiten, in gewisser Weise auch um Identität. So etwas ändert sich (in den meisten Fällen) nur langsam. Ein moralischer Zeigefinger und ein „du musst“ wirken auf viele abschreckend. Und dass sich jemand mit dem Thema noch weiter beschäftigen, wenn er sich bedroht fühlt, ist unwahrscheinlich.

Sowohl…als auch

Es müsste sich viel ändern auf der Welt. So viel. Und die Zeit drängt. Aber Christian Vagedes sagt selbst: Große Veränderung beginnen im Kleinen. Wohl oder übel muss man wohl Geduld haben und versuchen, kleine Schritte zu tun und den Menschen die Möglichkeit zu geben, sich auf eine vegetarische/vegane Ernährung einzustellen. Genau dafür braucht es aber nicht nur „Halbzeitvegetarier“, sondern auch konsequente Veganer wie Christian Vagedes, die dafür sorgen, dass das Thema in die Öffentlichkeit drängt und viele Menschen damit in Berührung kommen. Nur so kann ein Angebot entstehen, dass Alternativen zu Fleisch, Fisch und Milchprodukten bietet. Und nur so können auch Menschen „auf’m Dorf“ entdecken, was es heißt, vegan zu leben.

Für mich heißt die Lösung also: Realität plus Konsequenz.

2 Kommentare zu „Konsequenz versus Realität?

  1. Ja, das ist genau meine Meinung! Eine schrittweise Heranführung zum Veganismus ist natürlich sinnvoller und realistisch als ein sofortiger Komplettwechsel! Es wäre utopisch, alle Leute zu Veganern zu machen, aber wenn alle ihren Fleischkonsum einschränken, ist schon viel Gutes erreicht. In diesem Sinne: Nieder mit dem veganem Stolz! ;)

  2. Hallo :)
    Ich weiß nicht genau, was ich von den Argmentationen halten soll… Vagedes sieht das meiner Meinung nach ziemlich unrealistisch und Rimplers Aussagen überzeugen mich überhaupt nicht, aber ich finde ihre Kampagne sinnvoll…Von ihrer anscheinenden Meinung von Veganismus halte ich nicht sonderlich viel…Nur weil sie die Leute ’nur‘ zu ‚Halbzeitvegetariern‘ machen will, muss sie ja nicht Veganismus ablehnen… das erscheint mir inkonsequent…
    Schade, dass Leute, die sich beide für Vegetarismus/Veganismus einsetzen, auch noch ’streiten‘ müssen…ich finde das wirft auf das Ganze kein positives Bild. Dann sind wir doch wieder die ‚militanten Veganer‘ :-/
    Viele Grüße

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