Was haben die Bewegung 15M in Spanien, die Ökodorf-Bewegung und Post-Development gemeinsam? Sie alle suchen einen Weg zur sozial-ökologischen Transformation – und sie sind nur drei Beispiele aus einem breiten Spektrum von Bewegungen, die zusammen ein Mosaik aus möglichen Alternativen zum heutigen System bilden. Das Projekt „Degrowth in Bewegung(en)“ hat sich zum Ziel gesetzt, einen Teil dieses Mosaiks abzubilden.
Entstanden ist dabei eine spannende und aufschlussreiche Sammlung von Texten, die von den Herausgeber*innen miteinander in Beziehung und in einen größeren Kontext gestellt werden.
Den Ausgangspunkt bildet die Degrowth-Bewegung mit ihrer Kritik an der kapitalistischen Produktionsweise. Sie setzt sich ein für bedürfnisorientierte Formen des Wirtschaftens und der gesellschaftlichen Selbstorganisation, die ein gutes Leben für alle ermöglichen und die ökologischen Lebensgrundlagen erhalten. In welchen anderen Bewegungen spielt Degrowth eine Rolle? Und wie kann der Kampf für eine bessere Welt gemeinsam geführt werden?
Diesen Fragen versucht sich das Projekt (neben dem Buch gibt es eine Multimedia-Publikation im Internet) zu nähern. Aktive aus 32 Bewegungen haben Texte beigesteuert, in denen jeweils die Kernideen und Aktivitäten skizziert sowie Gemeinsamkeiten, Unterschiede und zukünftige Perspektiven in der Zusammenarbeit mit Degrowth herausgestellt werden. Darunter sind u.a. auch Care Revolution, Demonetarisierung oder die Tierrechtsbewegung.
Die Fragen an die Autor*innen bedingen, dass die Texte sich alle auf einer theoretischen Ebene bewegen. Aufgrund der Nähe einiger Bewegungen wiederholen sich naturgemäß einige Themen und Analyseansätze. Je nach Vorwissen können die Leser*innen aber gezielt einzelne Kapitel aussuchen und andere überspringen. Doch selbst für langjährige Aktivist*innen wird etwas Neues dabei sein. Wer sich intensiver mit einer bestimmten Bewegung beschäftigen möchte, bekommt Lesetipps an die Hand.
Die Herausgeber*innen möchten einen Dialog fortführen, der die Bewegungen als Ganzes stärkt. Herausgearbeitet werden sowohl Unterschiede im Bezug auf die Strategien oder das Verhältnis zum Kapitalismus also auch Gemeinsamkeiten wie Bedürfnisorientierung oder die Forderung nach globaler Gerechtigkeit. Im Mittelpunkt stehen das gegenseitige Verständnis und die (selbst-)kritische Reflexion. Die Leser*innen bekommen dabei einen umfassenden Einblick in verschiedene Kämpfe und vielfältige Ansatzpunkte für das eigene Handeln.
Lese dazu auch den folgenden Blog-Artikel: Aktivismus und Wissenschaft zusammen denken
Konzeptwerk Neue Ökonomie & DFG-Kolleg Postwachstumsgesellschaften (Hrsg.): Degrowth in Bewegung(en). 32 alternative Wege zur sozial-ökologischen Transformation. Oekom Verlag, München, März 2017, 416 Seiten, 22,95 Euro. Online im Volltext auf: https://www.degrowth.de/de/dib/degrowth-in-bewegungen/
Diese Rezension erschien zuerst in der CONTRASTE – Monatszeitung für Selbstorganisation (05/2017).