Zahlen und Fakten gibt es genug: 870 Millionen Menschen auf der Welt hungern. Das ist ungefähr jede*r achte. Alle drei Sekunden stirbt ein Mensch an den Folgen von Hunger und Unterernährung. Das sind 8,8 Millionen Menschen pro Jahr. Neu ist das nicht. Im Gegenteil: Wir haben uns an diesen Zustand gewöhnt, wir kennen es nicht mehr anders. Klar, es ist ein Skandal, aber er ist so weit weg, zumindest gefühlt. Was hat es schon mit mir und meinem Alltag zu tun, wenn am anderen Ende der Welt eine Hungernot ausbricht?
Schlagwort: Welthunger
Jedes Mal fühle ich mich aufs Neue erschlagen: diese riesige Auswahl, die vielen Kisten, die großen Angebotsschilder. Geht es hier wirklich noch um Lebensmittel? Um unsere Ernährung? Um Natur? Ich befürchte nicht. Wie so viele unserer Bedürfnisse gehorcht auch unsere Versorgung mit frischem Obst und Gemüse inzwischen den Gesetzen des Marktes.
Die Farbe Rot bedeutet nichts Gutes. „Extremly alarming“ ist die Hungersituation eines Landes, wenn es auf der interaktiven Karte der Welthungerhilfe rot gekennzeichnet ist. In der Demokratischen Republik Kongo zum Beispiel: Hier liegt der Anteil der unterernährten Menschen in der Bevölkerung bei unvorstellbaren 70 Prozent. Klicke ich auf Indien, ändert sich die Farbe in ein dunkles Orange. Hier ist die Lage „nur“ noch „alarming“. Knapp 45 Prozent der Kinder unter fünf Jahren sind untergewichtig.
Wie der Zufall manchmal so spielt… Ganz unerwartet hatte ich doch die Möglichkeit, „Taste the Waste“ anzuschauen. Und natürlich darf ein kurzer persönlicher Kommentar nicht fehlen, wenn man einen Film schon anpreist.
Jedes Mal auf’s Neue war es für mich eine bedrückende Erfahrung. Schon eine Stunde bevor sich die Ladentüren öffneten reichte die Schlange der Wartenden bis auf die Straße. Hauptsache, einen guten Platz ergattern. Hauptsache, den Einkaufskorb endlich füllen. Die Kunden im Laden der Jülicher Tafel konnten es kaum erwarten, die gut gefüllten Regale des Geschäfts zu durchforsten. Pro Artikel zahlten sie einen symbolischen Preis von 10 Cent. „So haben sie nicht das Gefühl, Almosen entgegen zu nehmen“, erklärten mir damals die Verkäuferinnen.